Eine kurze, ökonomische Kritik zu Bitcoin aus handlungslogischer Sicht

Eine kurze, ökonomische Kritik zu Bitcoin aus handlungslogischer Sicht

Disclaimer, worauf eine handlungslogische Sicht dieser Kritik aufsetzt: Die Praxeologie - als deduktive Methodendisziplin - erhebt keinen Absolutheitsanspruch, sondern einen Wahrheitsanspruch an das Erkenntnisvermögen des Menschen. Das heißt, die Praxeologie, ähnlich wie die Mathematik oder die Logik, strebt ebenso nach einem apriorischen Ableitungsschema, das aber im Gegensatz zu den beiden genannten Disziplinen (Erkenntnisse, die kein Mensch bisher wahrgenommen hat) nur in Hinblick auf das Denkvermögen des Menschen sinnvoll ist (nur das, was von Menschen denklogisch wahrgenommen wird). [1] Alle folgenden Betrachtungen umfassen die Sichtweise eines zeitlichen, "kurzfristigen" Charakters!

Nach Friedrich August Hayeks Konjunkturtheorie, welche besagt, dass die wirtschaftliche Freiheit und der freie Markt die besten Mittel sind, um Wohlstand und Wachstum zu fördern, könnte Bitcoin als Geld sowohl Stärken als auch Schwächen aufweisen; Schwächen, die für das heutige System keine unbeachtliche Rolle spielen. So ist es nicht selten, dass die Bedeutung einer Absicherung vor Finanzrisiken - einschließlich Währungs-, Preis- und Kreditausfallrisiken - außer Acht gelassen wird. Solche Risiken sind jedoch reale Bedrohungen, die den Wohlstand und die (ökonomische) Autarkie einer Gesellschaft beeinflussen können.

Preisrisiken, dazu einige praxeologische Betrachtungspunkte:

Eine unklare Regulierung (1) von Bitcoin und unklare Auswirkungen auf das weitere Adoptiongeschehen, können die Nachfrage nach Bitcoin aufgrund der Unsicherheiten der Marktteilnehmer beeinflussen und damit zu Preisschwankungen zu den bestehenden staatlichen Monopolwährungen des Fiatgeldsystems führen, was besonders in der Übergangsphase zu einem Hartgeldstandard deutlich spürbar ausfallen kann.

(2) Fehler in der Technologie, Hacks und Sicherheitsrisiken, Angriffe beispielsweise auf DNS-Knoten, politische Infiltrierung bei DNS-Providern etc. können dazu führen, dass Anleger ihre Bitcoin verkaufen. Dies kann zu Preisstürzen führen und das Vertrauen unterminieren.

Der Staat könnte bewusst falsche Incentives (3) setzen, eine Politik, die eine anfangs akzeptierte Adoption in eine inverse Situation lenkt, das heißt, durch steuerliche Maßnahmen, Regulierungen oder Einschränkungen der Handelsmöglichkeiten, die einen immer mehr negativen Effekt auf die Akzeptanz von Bitcoin haben könnte und somit auch den Preis beeinflusst. Anders gesagt, der Staat kann ohne Zweifel mit dem Mittel der Gewaltandrohung bestimmten Gruppen verbieten, Bitcoin-Transaktionen zu tätigen (unabhängig von der technischen Durchsetzbarkeit). Ebenso denkbar können Teilverbote, territorial oder über Ländergrenzen hinweg existieren. Interventionismus schlägt sich nieder auf die Preisentwicklung und die Akzeptanz von Bitcoin als freies Tauschmedium zu nutzen.

Nach Ludwig von Mises ist die wichtigste Funktion von Geld als allgemeines Zahlungsmittel, die Wirtschaftlichkeitsrechnung zu ermöglichen. Ohne Geld müssten Menschen Waren oder Dienstleistungen direkt gegeneinander tauschen, was eine sehr unhandliche und ineffiziente Praxis wäre (das Problem der doppelten Koinzidenz). Geld erleichtert diesen Prozess, indem es ein vereinheitlichtes “Maß” für den Wert von Waren und Dienstleistungen darstellt und ermöglicht so eine einfachere Bewertung und Vergleichbarkeit von Alternativen. Darüber hinaus erleichtert Geld den Austausch von Waren und Dienstleistungen über Zeit und Raum hinweg, da es eine einheitliche Form des Tausches darstellt, die nicht durch die lokalen Bedingungen beeinflusst wird. [2][3]

Kreditausfallrisiken:

Die Volatilität des Tauschverhältnisses (1) von Bitcoin zu Fiatwährung kann dazu führen, dass Kredite ausfallen, da Schuldner ihre Raten nicht bedienen können, wenn der Wert ihrer Sicherheiten, in diesem Fall Bitcoin, sinkt (was dem vorherigen Punkt verwandt sein kann).

Eine unklare Regulierung und rechtliche Unsicherheit (2) bei der Verwendung von Bitcoin können dazu führen, dass Kreditnehmer Kredite nicht bekommen oder ihre Schulden nicht zurückzahlen können. Beispielweise kann es bei den Kreditgebern Bedenken geben, Kredite an Personen zu vergeben, die Bitcoin besitzen, da sie sich unsicher sind, wie sie ihre Forderungen durchsetzen können, wenn die Kreditnehmer ihre Schulden nicht zurückzahlen. Es bleibt außer Frage, ob Banken überhaupt Zahlungen mit Bitcoin annehmen beziehungsweise tätigen müssen, das heißt, wenn Finanzinstitute Bedenken haben, Geschäfte mit Bitcoin durchzuführen, kann dies dem Kreditnehmer schwer gemacht werden, überhaupt an Kredite zukommen.

Im Vergleich zu traditionellen Währungen kann die Liquidität (3) von Bitcoin geringer sein, was dazu führen kann, dass Kreditnehmer Schwierigkeiten haben, ihre Schulden zurückzuzahlen.

Währungs- und Preisrisiko:

Das Währungs- und Preisrisiko möchte ich an dieser Stelle handlungslogisch fortführen, welches ich mithilfe meines Artikels «Folgen einer Einführung eines Bitcoin gedeckten US-Dollars» näher erläutere:

Deflation

“Aufgrund des hohen Anstiegs des Bitcoin-Preises bemessen am US-Dollar würden Güter und Dienstleistungen in den Preisen entsprechend zulegen. Genauer gesagt, gerade die Bitcoin Hodler [...] - insbesondere die Wale [...] - würden Folge bedingt einen starken Kaufkraftzuwachs verspüren. Dieser Kaufkraftzuwachs erzeugt den Druck, einen Teil des Vermögens diversifizieren zu wollen. So wird in Vermögenswerte wie zum Beispiel in Aktien, Immobilien etc. investiert - um die Kaufkraft zu erhalten - um Produktionsstrukturen aufzubauen oder allgemein Konsumgüter zu kaufen. Diese Umverteilung in unterschiedliche Vermögenswerte und Güter führt dazu, dass diese an Kaufkraft weiter zunehmen, was wiederum dazu führt, dass die Güterpreise - zeitlich versetzt in breiter Front - ansteigen. Die Kaufkraft der Amerikaner wird also insgesamt stark zunehmen. [...] Sicherlich ist der Zeitraum für ein solches Szenario nicht überschaubar, denn der extreme Kaufkraftgewinn, der eingangs stattfand, schwächt sich wieder ab, wenn der preistreibende Effekt der Anbindung an den Bitcoin in die breite Masse der Bevölkerung vollständig gelangt. Institutionen, vornehmlich Banken, als Vermittler gedeckter Bestände - auch für die Einlösbarkeit in Bitcoin - werden nun tätig (werden müssen), indem sie zusätzliche Bestände von Börsen oder privater Kapitalgeber aufkaufen oder gegen andere Sachwerte eintauschen. Über die Zeit würde sich eine preisdeflationäre Situation einstellen, worauf später noch eingegangen wird.” [4]

Ein Nachteil (1) ist, dass diese Umverteilung der Kaufkraft zu einer “ungleichen” Verteilung des Wohlstands führen kann. Ein Gegenargument dazu könnte sein, dass auf einem freien Markt Umverteilungseffekte immer ungleich sind und der freie Markt ein Gleichgewicht anstrebt, dieses aber nie erreicht. Das Argument, der genannte Nachteil, beruht allerdings darauf, dass die “ungleiche” Verteilung des Bitcoinbestandes sich kurzfristig vergrößern könnte, bevor es zu einer Sättigung über die Zeit kommt.

Ein weiterer Nachteil (2) wäre, dass eine schnelle und starke Zunahme des Bitcoin-Preises zu einer Preisinflation anderer Vermögenswerte führen könnte, die nicht in Bitcoin gehalten werden. Dies kann zu einer Verringerung des Wohlstands für diejenigen führen, die ihr Vermögen in anderen Vermögenswerten halten.

Neben den vorgenannten Nachteilen - es sei wiederholt betont, dass diese Betrachtungen auf einen geschlossenen Zeitraum anspielen -, wäre ein weiterer (3), wenn sich die preisdeflationäre Situation einspielt: Eine preisdeflationäre Situation, wie sie im obigen Zitat beschrieben wurde, könnte kurzfristig zu einer Verringerung der Nachfrage und einer Verlangsamung der Wirtschaft führen, das heißt, aus Sicht der Schuldner ergibt sich eine höhere Realverzinsung; Schuldner wären somit von fallenden Preisen und steigenden Zinsen konfrontiert. Ihre Schuldenlast verschlimmert sich entsprechend.

Nichtsdestotrotz soll an dieser Stelle auch erwähnt sein, dass Anleger von Deflation profitieren, da Deflation die Werthaltigkeit von Vermögenswerten wie Aktien und Anleihen steigert und die Kaufkraft im Allgemeinen erhöht. Mit mehr Kaufkraft ist es möglich, mehr Waren und Dienstleistungen für Vermögenswerte zu kaufen, was wiederum den realen Wohlstand erhöht. Ebenso würden Unternehmen davon profitieren, dass in einer Deflation die Motivation herrscht, ihre Effizienz zu steigern und ihre Kosten zu reduzieren, was wiederum zu einer höheren Wirtschaftsleistung führt.

Urzins

Der Urzins - auch Naturalzins - beschreibt, welches Zinsniveau sich ohne staatliche Intervention oder anderen Einflüssen auf dem Markt einstellen würde. Es beschreibt die minimale Verzinsung von Kapital, die benötigt wird, um Kapital in Umlauf zu halten. Der Urzins wird durch Angebot und Nachfrage von Kapital und durch die Produktivität von Kapital bestimmt und steht adäquat zur Zeitpräferenz. [5]

Wenn Bitcoin als das primäre Geldsystem verwendet wird, kann sich die Tendenz niedriger Zinsen und einem niedrigeren Urzins abzeichnen. Da Bitcoin eine begrenzte Geldmenge hat, kann es eine disziplinierende Wirkung auf die Geldpolitik haben, indem es übermäßige Geldschöpfung verhindert. Die dezentralisierte Natur von Bitcoin kann auch dazu führen, dass durch die Resilienz gegenüber politischer Einflüsse es wiederum zu stabileren Zinsraten führen kann.

Ein Nachteil, durch die Verringerung des Urzinses, könnte sein, dass die traditionelle Finanzwelt insofern beeinflusst wird, indem sich das Geschäftsmodell von Banken, Versicherungen und anderen Finanzinstituten verändert, die auf einer zinsabhängigen Einkommensquelle basieren. Eine Verringerung des Urzinses kann zu einer Verlangsamung der Kreditvergabe führen und somit zu einer Verringerung der Investitionen und Wirtschaftstätigkeit. Zudem kann es zu einer Verteilung von Vermögenswerten zugunsten derjenigen führen, die bereits Vermögen besitzen, da sie Zinsen erhalten, während es für diejenigen, die kein Vermögen haben, schwieriger wird, (gedeckte) Kredite aufzunehmen und ihre finanzielle Situation zu verbessern. Es besteht auch das Risiko, dass ein niedrigerer Urzins den Wert von Vermögenswerten wie Anleihen und anderen Geldanlagen verringert, was zu Verlusten für Anleger führen kann.


Bitcoin kann als ein Pendant staatlich kontrolliertem Fiatgeldes betrachtet werden. Es ermöglicht freies Agieren und Reagieren des Individuums außerhalb konventioneller Systeme, um staatliche Regulierung und Überwachung zu umgehen. Ob Bitcoin eine breite Akzeptanz und staatliche Toleranz in der westlichen Welt je haben wird, lässt sich nur informativ mutmaßen und unterschiedlich bewerten. Je nach Schnelligkeit der fortschreitenden Adoption von Bitcoin kann es gewaltige Auswirkungen auf Ökonomien und die globale Geldpolitik (nach dem Friedman'schen Ideal monetärer Integration) haben, die für alle Menschen, volkswirtschaftlich betrachtet, sowohl positiv als auch negativ sein können.

Nichtsdestotrotz muss fairerweise erwähnt werden, dass das heutige Finanzsystem im Kern feindselig ist, da immer auf Kosten und Zulasten einer oder mehrere Gruppen (die Getäuschten) gehandelt wird, zugunsten jener (die Täuschenden), die neu erschaffenes Fiatgeld zuerst bekommen, was beispielsweise die privilegierte Gruppe der politischen Unternehmer ist. Ferner rechtfertigt diese Gruppe und ihre Partner mit notwendiger Verbreitung von Ideologie ihr politisches Handeln. Das bedeutet, das vorgefundene System, manipuliert Zinsen, besteuert Marktteilnehmer etc., um zu ihren Gunsten Konjunkturphasen zu lenken - zumindest in ihrem Glauben - was immer dazu führt, dass nach einer Hoch-, eine Tiefphase folgt. Die Folgen sind Rezession, Umsturz und Aufstände, was als Korrekturphase aus Sicht der Getäuschten angesehen wird, ein Aufdecken der Täuschungen der politischen Unternehmer. [6]

Möglicherweise ist die Massenadoption von Bitcoin “nur” eine finale Verwerfung des vorherrschenden Systems zu einem bestenfalls freien, neuen, was über die Zeit eine ganzheitliche Gesundung aus ökonomischer Sicht darstellt.


Quellen

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scalatheagorist
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scalatheagorist