Die wahren Gründe der Teuerung im heutigen Fiatgeldsystem

Die wahren Gründe der Teuerung im heutigen Fiatgeldsystem

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«Fiatgeld», «Scheingeld» oder «Falschgeld» sind treffende Bezeichnungen für das heutige Geld, was durch den Staat und seine Unterstützer- die Geschäfts- und Zentralbanken - in Umlauf gebracht wird. Es handelt sich hierbei um sogenanntes inflationäres, rein staatlich (zwangs-) legitimiertes Geld, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es durch Kreditvergabe geschaffen wird und keinen Ersparnissen gegenübersteht. Es wird aus dem Nichts mit Schulden erzeugt. [1]

Dieser Artikel soll vermitteln, wie heutiges Fiatgeld entsteht und wie im Detail eine Geldmengenausweitung (Inflation) zu einer Teuerung (Preisinflation) der Güterpreise führen kann. Zunächst soll dabei auf verschiedene Geldarten eingegangen werden, um die Unterschiede zwischen Geld und Schuld(-geld) aufzuzeigen. Danach wird beschrieben, welche Aufgaben die Banken und die Zentralbanken im heutigen Kredit- oder auch Fiatgeldsystem (angelehnt an lat. fiat lux - es werde Licht) haben, um anschließend zu beleuchten, welcher Zusammenhang zwischen Teuerung und Geldmengenausweitung - wobei Fristentransformationen von Krediten und Zinsen eine Rolle spielen - besteht.

Geld und Schuldgeld

Kreditgeld

«Kreditgeld» ist nicht „böse“ - per se. Es beruht auf Schuldtiteln. Diese Schuldtitel sind in jedem Fall eine verzinste Schuld und können somit aus einem Vermögen ein regelmäßiges Einkommen entstehen lassen. Solche Schuldtitel sind vergleichbar mit dem Konzept des Wertpapiers, da sie frei übertragbar sind. Ludwig von Mises schrieb über sogenannte «Geldsurrogate», was als Kreditgeld interpretiert werden kann, sofern es denn als Ersatzmittel gegenüber einem gedeckten Geld dient und vollständig einlösbar ist. Angenommen, ein US-Dollar entspräche eine Unze Gold; diese Ein-Dollar-Note wäre dann zu jederzeit einlösbar, sofern der Staat dies erlaubt. Es ist das Kreditgeld - das Fiatgeld -, das heute ohne Aufwand aus dem Nichts geschaffen wird. [2][3]

Zeichengeld

Kreditgeld wird jedoch erst „böse“, wenn weder ein Gut noch Forderungen auf ein Gut bestehen, das heißt, hier fehlt die Einlösbarkeit gegenüber einem Deckungsgut, was zum Beispiel Bitcoin oder Gold sein könnten. Man nennt diese Geldart auch «Zeichengeld», bei welchem die Zahl (Zeichen/Kopf und Zahl) ein losgelöstes Symbol statt einer Mengenangabe darstellt und die Zeichen eine fiktive Konvention, wie Flugmeilen oder ähnlichem entsprechen. Zeichengeld ist historisch gesehen ein rein staatliches Geld und wurde, in der Geschichte des Geldes, immer staatlich aufoktroyiert. [2]

(Abgrenzung: Der Begriff Geldzeichen ist die Abbildung von Geld, um es zu quantifizieren und zu standardisieren. Geldzeichen wäre zum Beispiel der Yuan, während Renminbi die Geldmenge - alle Geldzeichen Yuan - beschreibt. [12])

Warengeld (oder Sachgeld)

Zur Vollständigkeit und aufgrund der hohen theoretischen Relevanz sollte auch das Warengeld nicht unerwähnt bleiben, welches als ein möglicher Gegenentwurf zum Fiatgeld fungieren kann.

Warengeld ist dadurch gekennzeichnet, dass es aus den absatzfähigsten Waren zwischen Individuen innerhalb einer Tauschwirtschaft entsteht. Es hat sich mit objektiven Materialeigenschaften der jeweiligen Ware, wie zum Beispiel Haltbarkeit, Transportfähigkeit, Teilbarkeit in Fragmente, über die Zeit in einem permanenten Evolutions- und Verbesserungsprozess entwickelt, bevor es Geld werden konnte. Beispielhaft lassen sich historisch verbriefte Waren wie Muscheln, Perlen oder Gold (als Klumpen oder auch Staub) nennen. Betrachtet man die genannten Materialeigenschaften, leuchtet ein, warum beispielsweise Muscheln als Warengeld taugen, Fische jedoch nicht. Moderne Beispiele für Warengeld finden sich häufig in Situationen, in denen entweder kein Zugriff auf “normale” Banknoten möglich ist oder diese durch verschiedene Ursachen ihre Kaufkraft verloren haben. Klassiker des zeitgenössischen Warengeldes sind also etwa Zigaretten oder schwarzgebrannter Schnaps unter Häftlingen in Justizvollzugsanstalten, oder auch vermeintlich triviale Alltagsgüter wie Obstkonserven, wie man es in den belagerten Städten während des Kosovokrieges beobachten konnte. [2]

Roland Baader, der die Geldtheorie von Ludwig von Mises vertritt, beschreibt Geld wie folgt: „Geld muß eine allgemein hochgeschätzte Ware gewesen sein, bevor es Geldfunktion annehmen konnte, und sein Wert als Zahlungsmittel steht in Verbindung mit dem Informationssignal seines ursprünglichen Warenwertes. [Kurz gesagt,] Geld kann nur ein Material sein, das im Gedächtnis der Menschen eine Art Ewigkeitswert besitzt.“ [2][4]

Geld entstammt folglich einem ökonomischen Entdeckungs- und Verbesserungsprozess und steht in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den ökonomischen und kulturellen Begebenheiten während der jeweiligen Geldwerdung. Diese Geldwerdung erfolgt konsequenterweise frei durch die marktbasierte Interaktion von Individuen und eben nicht durch förmliche Vereinbarungen oder staatliche Willkür. Carl Menger, der Vater der Wiener beziehungsweise Österreichischen Schule der Ökonomik, schreibt dazu in seinem Werk «The Origin Of Money»,

[…] dass durch die Hingabe minder absatzfähiger Waren gegen solche von größerer Absatzfähigkeit ihre speziellen ökonomischen Zwecke um einen bedeutenden Schritt gefördert werden, und so entstand das Geld an zahlreichen voneinander unabhängigen Kulturzentren mit der fortschreitenden Entwicklung der Volkswirtschaft. [2][4][5]

Warengeld respektive Sachgeld hat seinen Wert nicht daher, dass die Produktion der als Geld dienenden Waren aufwändig ist, sondern die aufwändige Produktion wird in Kauf genommen, weil und solange dieses Geld als wertvoll erachtet wird. Diese Wertentstehung durch subjektive Präferenzreihungen der Individuen eines Wirtschaftsraumes ist ein zentraler Grundpfeiler der Österreichischen Schule. Der Ökonom Ferdinando Galiani schreibt in einer Übersetzung von Werner Tabarelli dazu: „Der Geldwert [wird] weder durch Gesetz noch durch Gewohnheit bestimmt und aufrechterhalten.“ [4]

Die beschriebenen ökonomischen Prozesse und Gesetzmäßigkeiten behalten ihre Gültigkeit selbstverständlich auch in Bezug auf Bitcoin: Das Mining von Bitcoin. Das Mining lohnt sich nur dann, wenn sich die Zahl der Tauschpartner/Nutzer erhöht (sog. «adoption» oder «bitcoinization»). Folgende Faustformel gilt: Je mehr Menschen Bitcoin einen subjektiven Wert beimessen, desto größer wird seine Kaufkraft. Typischerweise drückt sich dieser Kaufkraftgewinn im Tauschverhältnis Bitcoin-Fiatgeld aus. Mit steigenden Grenzkosten lohnt sich die Produktion weiterer Bitcoin. Mit der zunehmenden Menge Rechenkapazität, die in die Produktion von Bitcoin investiert wird und einem höheren Stückpreis für Bitcoin, ergibt sich ein Skaleneffekt, der sich als lohnenswerter herausstellt als im Gegensatz zu anderen Gütern, die eigentlich eher günstiger werden. [2]

Der signifikante Unterschied zwischen Sachgeld und dem heutigen Fiatgeld ist, dass diese Geldart ein „[…] völlig schuldbefreiendes Zahlungsmittel, eines, das keine Gegenseite in einer anderen Bilanz hat, sondern [diese] ausgleicht“, wie Rahim Taghizadegan schreibt. [2]

Zusammenhang von der Qualität des Geldes und der Nachfrage

Geld ist ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel, wie Ludwig von Mises schreibt, und dessen Qualität sich durch seine Eigenschaften herauskristallisiert, um das allgemeine Tauschmittel zu werden, wenn es nicht staatlich erzwungen wurde. Allerdings ist für die Qualität des Geldes auch die nicht-monetäre Nachfrage entscheidend. [3]

Geld wird auch für andere Zwecke genutzt, so kann eine nicht-monetäre Nachfrage eine Nachfrage nach Konsumgütern oder Produktionsfaktoren - wie zum Beispiel ein disruptives Alleinstellungsmerkmal - sein. Diese nicht-monetäre Nachfrage erzeugt einen Bedarfseffekt bei den Individuen eines Wirtschaftsraums. Es fungiert als „Versicherung“, auch dann, wenn es entmonetarisiert wird - also wenn die Verwendung als tatsächliches Geld im Wirtschaftsalltag zurückgeht. Diese Werterhaltung trotz Entmonetarisierung lässt sich klassisch bei den Edelmetallen Gold und Silber beobachten. Es existieren viele Bedarfe in einer Volkswirtschaft und die Intensität dieser Bedarfe bleibt scheinbar dauerhaft bestehen. Es gilt: „Je höher die nicht-monetäre Nachfrage, desto höher die Qualität des Geldes.“ [6]

Geldschöpfung im Fiatgeldsystem

Fractional Reserve Banking der Geschäftsbanken

Im heutigen Fiatgeldsystem wird der größte Teil des sogenannten Innengeldes im Bankensystem erzeugt, dies wird als Fractional Reserve Banking bezeichnet. Es handelt sich hierbei genauer um eine gesetzliche Mindestreservehaltung bei den Geschäftsbanken. Diese Mindestreserve besteht aus einem kleinen Teil der Kundeneinlagen, die die Banken als Teilreserve halten müssen (dazu später im Teil «Die Rolle der Zentralbank»). Der größere Rest dieser Einlagen kann von den Banken als Darlehen weiter vergeben werden. Diese Mindestreserveeinlage bestimmt die jeweilige Zentralbank und bildet das Verhältnis zwischen Mindestreserve und dem Kreditvolumen, das die Banken den Kunden einräumen können. Dieser Mindestreservesatz liegt seit 2012 in der Eurozone bei nur einem Prozent! Praktisch bedeutet dies, dass jede Bank bis zu 100 € pro € Kundeneinlage in Form von Krediten vergeben kann. Die Differenz entsteht durch Geldschöpfung per Kredit aus dünner Luft. In der Realität also per simplen Datenbankeintrag in das digitale Kassenbuch der Bank. [7][8]

Ein verkürztes Beispiel aus Roland Baaders Werk «Geldsozialismus» soll aufzeigen, wie viel Geld bei einem Darlehen von 10.000 EUR bei einem fiktiven Mindestreservesatz von 10 %, ex nihilo erzeugt werden kann, wenn die Teilreserve durch Erspartes gedeckt ist:

Die Bank A verleiht aus der 10.000 EUR Einlage eines Sparers S 9.000 EUR an einen Darlehensnehmer D. S kauft sich für 9.000 EUR ein Auto und überweist diesen Betrag an die Bank B des Autoverkäufers. Mit einem Reservesatz von 10 Prozent muss die Bank B mindestens 900 EUR als Sicherheit behalten, kann aber die restlichen 8.100 EUR an den Kreditnehmer K weiterverleihen. K gebraucht diesen Betrag, um in Laufe seines Hausbaus, vier Handwerksfirmen zu bezahlen zu je 2.000 EUR (gesamt 8.000 EUR), die jeweils ihre Geschäftskonten bei unterschiedlichen Banken haben. Diese Banken halten wiederum 10 Prozent von den 2.000 EUR und können diese wieder weiterverleihen. Bei einer Einlage von 10.000 EUR und einem Reservesatz von 10 Prozent können also 100.000 EUR im Gesamtbankensystem werden. Bedenkt man, dass der Reservesatz, wie oben bereits erwähnt, bei einem Prozent liegt, dann können aus den 10.000 EUR in der Realität 1.000.000 EUR werden! [7]

Folgendes sei bereits festzuhalten, worauf später noch tiefer eingegangen wird:

(1) Das Problem ist, dass dem neu geschaffenen Geldzeichen keine ökonomischen Ressourcen oder Gütermengen gegenüberstehen. Das Gütervolumen auf dem Markt hat sich schlichtweg nicht vermehrt, wenn zusätzlich Kreditgeld erzeugt wird. Stattdessen steigen Güterpreise sofort oder hält sie zumindest davon abzusinken. [4]

(2) Was die Bank macht, wenn sie Kreditgeld erzeugt, ist, dass sie das Geld von einer Person A nimmt, einer Person B gibt, damit B sich etwas kaufen kann. Diese Art der Nutzung von Kreditgeldschöpfung ist das Wegnehmen dieses ersparten Geldes, kurz gesagt ist es Raub, wie Jörg Guido Hülsmann treffend beschreibt. [4]

(3) Und besonders jene Güter, bei denen viel Kreditgeld verwendet wird, gibt es einen künstlich geschaffenen Bedarf, der sonst nicht eingetreten wäre; genauer gesagt, jene Güter, die vorher als „unverkäuflich“ galten, weil deren Preise niedriger waren und keine Knappheit angezeigt wurde, werden nun durch die Preiserhöhung erst recht nachgefragt. In der Realität ist dieser Effekt an der Vermögenspreisinflation (Teuerung) von Immobilien sichtbar. Die Baukosten sind in den letzten Jahren massiv gestiegen und damit auch die Häuserpreise (siehe Grafik: Allgemeine Entwicklung der Baupreise in Deutschland). Baustoffe beziehungsweise -materialien sind teils aus anderen Branchen in die Baubranche abgeflossen, das Gleiche gilt auch für Fachkräfte. [4]

Allgemeine Entwicklung der Baupreise in Deutschland [10]

Die Rolle der Zentralbank

Während die Geschäftsbanken die Mikrosteuerung der (Giral-) Kreditgeldschöpfung übernehmen, fungiert die Zentralbank als die „letzte Instanz der Geldverleiher“ [8]. Sie steuert die Makroebene, das heißt, steigen die Güterpreise - was auf eine rasche Kreditgeldschöpfung und damit einer Zunahme der Geldmenge schließt - versucht die Zentralbank mit dem Anheben des Leitzinses dem entgegenzuwirken. Analog senkt die Zentralbank den Leitzins, wenn nicht ausreichend Kredite vergeben werden, was nichts anderes ist als die Verbilligung von Liquidität, die durch die Ausweitung der Geldmenge, des sogenannten Außengeldes, zustande kommt, bis sich die Zinsen auf den Kapitalmärkten nach unten angepasst haben. [2][8]

Die Zentralbank mit dem Mindestreservesatz hat die wesentliche Aufgabe, dass mit der Schaffung von Innengeld über das Fractional Reserve Banking erst Außengeld - und damit Einlagen - bereitgestellt werden. Die Geschäftsbanken schaffen Innengeld, indem sie Kredite vergeben. Die Einlagereserve fragen sie dann bei der Zentralbank - als Außengeld - nach. Die Zentralbank reagiert sozusagen auf die Nachfrage der Bank und befriedigt sie mit den Reserven. Zusammengefasst: Die Banken bekommen also Außengeld von der Zentralbank - immer dann, wenn sie es wollen - und erst deswegen kommen sie mit einem Prozent Reserve aus. [8]

Erst schaffen die Banken neues Geld, danach borgen sie sich die notwendigen Reserven bei der Zentralbank aus. Es gibt auch keine klare Begrenzung der Geldschöpfung in der Realität, da in Eigenregie Innengeld von den Geschäftsbanken erzeugt wird. Die Zentralbank muss lediglich das notwendige Außengeld als Reserve - was auch die Befriedigung einer Bargeldnachfrage sein kann - bereitstellen. Genauer gesagt ist das Außengeld ein Darlehen. Diese Darlehen dienen zur Absicherung der Zentralbank für die Aufrechterhaltung der Qualität des Zentralbankgeldes, was über Wertpapierkredite hauptsächlich geschieht. Schafft die Bank es jedoch nicht, Wertpapierkredite zu vergeben, bekommt sie auch keinen Kredit zur Reserverhaltung von der Zentralbank; die Banken sind jedoch verpflichtet, die Mindestreserve zu halten. [8]

Das entscheidende Instrument zur Kreditvergabe ist der Zinssatz. Er ist zum einen bei der Vergabe von Krediten an die Banken wichtig, um die Verpflichtung der Reservehaltung zu erfüllen; zum anderen auch nimmt er enormen Einfluss darauf, zu welchen Zinskonditionen die Banken untereinander Kredite berechnen. [8]

Teuerung durch Kreditgeldausweitung, Fristentransformationen und manipulierte Zinsen

Fristentransformationen

Wie bereits oben erwähnt wurde, werden unter anderem auch Spareinlagen der Kunden verwendet, um im Geldschöpfungsprozess Kredite erzeugen zu können. So sind vermeintliche Spareinlagen nichts weiter als „Kredite“ der Kunden (Gläubiger). Die Kunden stellen den Banken (Schuldner), ohne Sicherheitsgarantien seitens der Bank, ihre Einlagen als Kredit für die Weitervergabe zur Verfügung. Dafür „profitiert“ allerdings der Kunde von Zinsen, die er für die „Verwahrung“ bei der Bank erhält. Die Banken haben dahingehend Möglichkeiten entwickelt, um Sichteinlagen anzubieten, die keine oder nur kurze Kündigungsfristen haben, mit den Spareinlagen zu verbinden. Es sind die Fristentransformationen: [9]

Banken verwenden hoch verzinste Kredite mit längerer Laufzeit aus Mitteln, die aus niedrig verzinsten Spareinlagen stammen, die kurzfristige Laufzeiten aufweisen. Damit kann ein Sparer die kurzfristige Bindung aufheben beziehungsweise jenes Geld abheben - Geld aus Sichteinlagen - das von anderen Sparern stammt. So können Darlehen mit Null-Laufzeiten zu langfristigen Laufzeiten umgewandelt werden. Die Fähigkeit für die Umwandlung von Fristen macht die Banken damit flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Haben Banken plötzlich Geldbedarf, können sie auch Forderungen weiterverkaufen, dafür wird allerdings eine Disagio (Abschlagszahlung) fällig. Das Problem ist allerdings, dass die Forderungen und die damit zu leistenden Abschläge abhängig von der Marktlage sind. Das wiederum hat große Auswirkungen auf die Handlungsentscheidungen der Banken, aber auch auf andere Marktteilnehmer. Es kann also dazu führen, dass Kredite dort vergeben werden, wo sie sonst nicht vergeben werden. Die Zinsen sinken, Kredite werden günstiger, wie man beispielsweise an der Entwicklung der Baudarlehenszinsen in Korrelation zum EZB-Leitzins in Grafik Zinsentwicklung der vergangenen 10 Jahre (2010 bis 2020) sehen kann. [8][9]

Zinsentwicklung von 2010-2020 [14]

Die Kreditvergabe bringt somit die Krise im Alleingang hervor, wenn es letztlich zu Einbrüchen in der Vergabe kommt. Der Anreiz, dass die Banken Einlagen als Absicherung über längere Zeit verwenden, schwindet und erhöht die Risiken, dass die laufende Refinanzierung von Krediten unterschiedlicher Laufzeiten nicht mehr möglich ist. Banken müssen entsprechend attraktive Zinsen beim längeren Halten von Einlagen anbieten, aber das bremst wiederum die Geldschöpfung. Die Tatsache, langfristige mit kurzfristigen Krediten zu bedienen, kaschiert den Faktor Zeit, denn die Fristentransformation sorgt dafür, dass die effektive Geldmenge steigt, entgegen der Tatsache, dass in Wahrheit gar kein Geld gedruckt wurde. Die Kreditmenge wächst; die Einlagen sind in erster Linie tagesgeldabhängig und damit steht einer größeren Kreditgeldmenge einer größeren Geldmenge gleich, worauf verzweifelter Weise Geld nachgedruckt wird. [8][9]

Die wesentliche Rolle des Zinses

Ludwig von Mises erkannte bereits in den Grundlagen seiner monetären Theorie des Konjunkturzyklus, dass neben dem Kapital auch der Zins ein wichtiger Baustein in Boom- und Bust-Phasen ist. Er verknüpfte die Theorien des Ökonoms Knut Wicksell - die Unterscheidung des „natürlichen“ beziehungsweise des reinen Zinses und der Bankenzinsrate - und jene Theorie von Mises’ Lehrmeister Eugen Böhm von Bawerk - der Kapital- und Zinstheorie. Diese Verknüpfung zeigt auf, wie der inflationsfähige Bankkredit mittels Geldvermehrung in einer Wirtschaft Einfluss über die «gesellschaftliche Zeitpräferenz» - der reine Zins - auf sinkende Marktzinsen hat und damit Fehlinvestitionen und falsche Signale sendet. [4]

Je länger der vom inflationären Bankkredit erzeugte Boom dauert, desto größer wird der Umfang der Fehlinvestitionen - und umso schlimmer deren anschließende Liquidation. In dem Moment, wenn die Kreditexpansion stoppt oder sich gar umkehrt, werden die Fehlinvestitionen sichtbar und können nicht mehr aufrechterhalten werden. [4]

Der Zinssatz ist eine signifikante Signalgröße für die Preise im Markt und damit auf das Verhalten der Marktteilnehmer. Die Verzerrung durch eine Täuschung des Zinssatzes bleibt nicht ohne Folgen. Wenn eine Kreditausweitung stattfindet, ohne das reale Ersparnisse ausgeweitet werden, kommt es zur Festsetzung eines Höchstpreises unter dem Marktpreisniveau. Dieser Preis ist dann jener der Ersparnisse - der Zinssatz. Es entsteht ein künstliches „Scheinangebot“, der um das reale Angebot ausgeweitet wird. Anders ausgedrückt, wie oben bereits beschrieben wurde: Es werden dann Güter, die bisher als „unverkäuflich“ galten, nun attraktiv, weil eine künstliche Verknappung suggeriert wird, die offensichtlich künstlich geschaffen wurde. Das heißt, dass der durchschnittliche Zins künstlich in Richtung Nulllinie sinkt. [4][9]

Zinsmanipulation und Verschlimmerung durch Interventionen

Der Einfluss des künstlich gesenkten Zinses nimmt, wie Mises erkannte, Einfluss auf den Urzins (Zeitpräferenz) der Menschen - dieser wird über die Zeit höher. Die Sparer fangen an, weniger Geld zu halten, da Sparen nicht mehr attraktiv genug ist - die Qualität des Geldes schwindet. Die Konsumlaune steigt, damit auch die Zeitpräferenz. Die Verschuldung nimmt zu, die Unternehmen bekommen den Drang, Ersparnisse in Anlageinvestitionen umzuschichten, statt Ersparnisse in die Zukunft mitzunehmen, weil das Signal ist, dass niemand zurzeit auf reale Güter verzichten kann und möchte. [9]

Unternehmen lassen sich durch die Kreditausweitung zu einer Vertiefung der Produktionsstruktur verleiten, das heißt, sie investieren in Bereiche, die lange vor einem konsumierbaren Endprodukt angesiedelt sind. Das kann auch in Form von Güterhorten von Vorprodukten geschehen, wie es Hans-Werner Sinn beschreibt. Die Aufblähung der Geldmenge führt auch dazu, dass für Unternehmen nur die kurzfristigen Folgen eines höheren Geldumlaufs bemerkbar sind und sie durch die niedrigen Zinsen höhere Gewinne verspüren. Dabei werden die Wiederbeschaffungskosten von Maschinen mit der Entwertung des Geldes ansteigen und dann versäumen sie es, über die Zeit größere Rücklagen zu bilden. Das heißt, dass finanzielle Mittel knapp werden und zusätzlicher Preisdruck auf Kapitalgütern und Löhnen lastet, obwohl nur die Teuerung (als Wirkung der Inflation) die Knappheit der realen Güter und Dienstleistungen verzerrt hat. Das Risiko eines Zahlungsausfalls erhöht sich. Die Annahme, dem Signal der Mehrproduktion der Unternehmen und die Erparnisbildung von Konsumenten, führt zu einer Enttäuschung, insofern, als sich herausstellt, dass es tatsächlich wenig Sparer gibt, aber eine hohe Nachfrage an Ersparnissen; die Nachfrage nach Gütern nimmt nun ab. [9][11]

Die Beeinflussung des Zinses verzerrt also die Knappheitsverhältnisse und führt dazu, dass Investitionen als Verschwendung deklariert werden. Zinssteigerungen, um die Inflationsfolgen einzudämmen, erhöhen ebenso die Kosten der Unternehmen - also der Schuldner - und schmälern die Gewinne. Viele der Unternehmen sind dann gezwungen, die Löhne zu senken, die Produktion zu drosseln oder einzustellen und im schlimmsten Fall Insolvenz anzumelden. [9]

Dann springt der Staat ein. Besonders bei Insolvenzrisiko großer Unternehmen erhöht das den Druck auf die Politik, mit (noch mehr) Maßnahmen entgegenzuwirken, indem „Hilfsgelder“ (zum Beispiel über Schulden durch den Verkauf von Staatsanleihen kurzfristig; finanziert über Steuern langfristig) zur Verfügung gestellt werden, um diese Unternehmen „zu retten“. Die Knappheitsverhältnisse, die die bereits verzerrten Preise gerade noch anzeigen, werden durch die unmittelbare Beeinflussung des Staates mittels willkürlicher Umverteilung dahingehend verschlimmert. Die Signale, die gesendet werden, sind jene der Preisverfälschung und Bedarfsanzeige von Ressourcen; der Staat greift als am Markt bevorzugtes Organ ein und stört dadurch die Wirtschaftsrechnung der Marktteilnehmer immens und vergrößert und verschleppt die Weiterverschuldung nur in die Zukunft.

Festzuhalten ist:

Ein Fiatgeldsystem bringt immer Gewinner und Verlierer mit sich. Nur die Gewinner sind diejenigen - die wenigen Privilegierten - die in der Informationskette an der Spitze stehen und damit zu den Erstnehmern von neugeschöpften Geldzeichen gehören, wenn die Preisinflation noch niedrig ist. Es sind diejenigen - die Gewinner - die davon profitieren, wenn sie bereits zu Beginn einer entstehenden Preisinflation über die Kategorie Zeit höhere Gewinne mitnehmen, weil andere - die Verlierer - mehr für Güter und Dienstleistungen zahlen müssen, als in jenem Fall, wenn es keine Geldschöpfung und damit keine erhöhten Preise gegeben hätte. Diese Gewinner sind jene, die dem Staat beispielsweise durch Lobbyarbeit „geschäftlich“ zur Seite stehen oder auch der Staat selbst. Die Verlierer sind die Sparer beziehungsweise Konsumenten, die über die Zeit höhere Preise für Güter und Dienstleistungen zahlen. Einer Geldschöpfung stehen de facto keine realen Güter gegenüber. Die Gewinner missbrauchen das monopolisierte Geldsystem zu ihren Gunsten insofern, als sie einen Anreiz für eine Umverteilung - von unten nach oben - nach ihren Interessen verfolgen, das heißt, immer eine gewisse Preisinflationsrate aufrechterhalten.

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Quellen

  • [1] Polleit, Thorsten, Das System Fiat-Geld: Schrecken ohne Ende statt Ende mit Schrecken, 2022

  • [2] Taghizadegan, Rahim, Geld her oder es kracht! Was jede(r) über Geld jetzt wissen muss!, 2019

  • [3] Mises, Ludwig von, Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel, 1912

  • [4] Baader, Roland, Geld, Gold und Gottspieler, 2007

  • [5] Menger, Carl, The Origins Of Money, 1892

  • [6] Bagus, Philipp, Die Qualität des Geldes, Teil 1, 2020

  • [7] Baader, Roland, Geldsozialismus, 2010

  • [8] Mayer, Thomas, Die Neue Ordnung des Geldes, 2015

  • [9] Taghizadegan, Rahim, Wirtschaft wirklich verstehen, Einführung in die Österreichische Schule der Ökonomie, 2011

  • [10] businessinsider, Grafik: Allgemeine Entwicklung der Baupreise in Deutschland, 2022

  • [11] Österreichische Akademie der Wissenschaften, ÖAW-Lecture Hans-Werner Sinn: Die neue Inflation, 2022

  • [12] Fischer, Michael Anton, 2022

  • [13] dasinvestment, Grafik: Zinsentwicklung der vergangenen 10 Jahre, 2020

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