Eine Rechtfertigung von Bestrafung im Libertarismus

Eine Rechtfertigung von Bestrafung im Libertarismus

Diese Rechtfertigung leitet sich aus dem Rechtsprinzip „venire contra factum proprium“ (lat. Zuwiderhandlung gegen das eigene frühere Verhalten) her.

Wenn eine Person einem Vertrag getraut hat und entsprechend gehandelt hat, dann darf man sich nicht mehr darauf berufen, dass dieser Vertrag unwirksam wäre.

Ein Beispiel sind Boxer, die sich in einem Boxkampf verletzt haben und nicht klagen können, weil sie die Möglichkeit des Schadens bewusst in Kauf genommen haben.

Ein ähnliches Prinzip, das sich auf den Dialog bezieht, kann verwendet werden, um das Nichtaggressionsprinzip und damit den Libertarismus zu rechtfertigen. Dies funktioniert wegen der im Libertarismus intrinsischen Wechselseitigkeit, dass Gewalt nur als Antwort auf Gewalt legitim ist und eine Person nicht konsequent argumentieren kann, dass er nicht bestraft werden sollte, weil er bereits selbst Gewalt eingeleitet hat.

Der Punkt an der Bestrafung gerechtfertigt werden muss ist, wenn die Person der Bestrafung widerspricht.

Verhalten kann in 2 Kategorien unterteilt werden. Nämlich Handlungen, die eine Einleitung von Gewalt sind und Handlungen, die das nicht sind. Eine rein beschreibende Unterscheidung, die Aggression noch nicht als schlecht wertet und sagt, dass zwischen diesen beiden Kategorien unterschieden werden kann.

Im Folgenden wird erklärt, wieso es legitim ist aggressives Verhalten zu bestrafen und die Bestrafung von nichtaggressivem Verhalten illegitim ist.

Das klarste und stärkste Beispiel einer Aggression ist Mord, also wird dies nun als Beispiel genommen.

A bringt B um und C möchte A bestrafen und einsperren. Wenn A dem widerspricht, dann behauptet er, dass C ihn so nicht behandeln soll. Das „soll“ ist auch ein darf nicht, A behauptet, das C ihn nicht bestrafen darf. Andernfalls widerspricht er nicht und die Bestrafung stört ihn dementsprechend nicht. Um also zu behaupten, dass A nicht bestraft werden darf, muss er zumindest behaupten, dass Gewalt zu nutzen falsch ist. Aber diese Behauptung widerspricht seiner anderen Position: weil er B umgebracht hat, haben seine Handlungen gezeigt, dass er auch der Meinung ist, dass das Nutzen von Gewalt NICHT falsch ist.

Das Einzige was er machen kann ist einen der beiden Behauptungen fallen zu lassen. Wenn er weiterhin sagt, dass Gewalt in Ordnung ist, dann widerspricht er auch seiner Verhaftung nicht.

Wenn er die Behauptung hält, dass Aggression falsch ist, dann könnte er zwar seiner Verhaftung widersprechen, aber wie wir sehen werden, kann er seine Behauptung, dass Aggression in Ordnung ist, nicht halten.

Nochmal: A kann nicht konsequent sagen, dass Mord falsch ist, weil dies seiner Behauptung das Mord richtig ist, die in seinem Mord offengelegt wurde widerspricht. Wenn C ihn also umbringen will, kann A nicht mehr sagen, dass das falsch ist, weil er selbst bereits B umgebracht hat. Und wenn er sich nicht darüber beschweren kann, das C ihn umbringen will kann er sich auch nicht beschweren, wenn C ihn nur in den Knast stecken will.

Mögliche Verteidigungen des Aggressors.

1. Das Konzept der Aggression.

A könnte behaupten, dass die Unterscheidung in Aggressive und nichtaggressive Handlungen nicht valide ist. Es könnte sein, dass eine Norm reingeschmuggelt wird, wenn man Mord als Aggressiv beschreibt. Aber um unserer Bestrafung von ihm zu widersprechen, muss er auch sagen, dass manche Handlungen gewaltsam sind. Wenn er sagt, dass es solche Handlungen nicht gibt, dann kann er auch nicht behaupten, dass seine Bestrafung falsch ist.

2. Universalisierbarkeit.

A könnte behaupten, dass er keine widersprüchlichen Behauptungen aufstellt, sondern er könnte behaupten, dass Aggression VON IHM in Ordnung ist und Aggression VON ANDEREN gegen ihn nicht. Aber wenn A C in seiner Verhaftung widerspricht, ist er in einem Diskurs. Er argumentiert, dass C ihn aus irgendeinem Grund nicht einknasten soll. Aber um eine Aussage zu argumentieren muss diese Aussage Universalisierbar sein, weil Behauptungen in einer Argumentation universelle Akzeptabilität beanspruchen müssen.

Eine im Diskurs vorgeschlagene Norm muss also Universalisierbar sein, die Behauptung, dass Aggression VON MIR in Ordnung ist, kommt nicht durch diesen Test.

Selbst wenn er dies nicht akzeptiert, kann er auch nicht widersprechen, wenn C dasselbe macht.

3. Zeit.

A könnte sagen, dass er seine Meinung geändert hat.

Erstens behauptet A damit implizit, dass das Vergehen der Zeit relevant ist, dann könnte C ihn einfach bestrafen und dann sagen, dass die Bestrafung ja bereits zurück liegt.

Zweitens kann es sein, dass er seine Meinung zum Mord geändert hat, aber wenn dem so ist, dann ist er auch der Meinung, dass sein Mord zu bestrafen ist.

Drittens, selbst wenn A sagt, dass er zu der Zeit, als er den Mord beging, wusste, dass Mord falsch ist, dann sagt er auch, dass man ihn bestrafen darf, weil Mord falsch ist.

Viertens, selbst wenn er dann immer noch behauptet, dass man jemanden ermorden darf, während er weiß, dass Mord falsch ist, dann gilt dasselbe immer noch für C.

Nichtaggressives Verhalten bestrafen

Man kann konsequent der Bestrafung von nichtaggressivem Verhalten widersprechen.

Behauptung 1 ist dann, dass das Nutzen von Gewalt als Antwort auf eingeleitete Gewalt legitim ist.

Behauptung 2 ist, dass das Nutzen von Gewalt, welches keine Antwort auf eingeleitete Gewalt falsch ist.

Eigentumsrechte

Weil Rechte am eigenen Körper bereits geklärt sind, kann man auf dieser Basis aufbauend auch Eigentum an externen Gütern rechtfertigen.

Rechte am eigenen Körper sind bedeutungslos ohne Rechte an externen Gütern. Zum Beispiel könnte der Dieb A zugeben, dass man zwar Rechte am eigenen Körper hat, aber man kein Recht auf Eigentum hat. Wenn das wahr ist kann man A einfach exekutieren, indem man ihm alle Nahrung stielt.

Auch Professor Hoppes Diskursethik zeigt, dass das Aneignungsprinzip im Selbsteigentum impliziert ist. Erstens begründet Hoppe das Selbsteigentum, indem er sich auf Normen, die im allgemeinen Diskurs nicht geleugnet werden können, bezieht. (Mehr dazu hier). Zweitens, weil Teilnehmer an einem Diskurs zwangsweise knappe Ressourcen nutzen müssen muss es Normen geben, die bestimmen, wer externe Ressourcen kontrolliert. Es muss eine objektive Verbindung zwischen externem Gut und Person geschaffen werden. Dies kann nur das Nutzen einer Sache sein.

Ein Auszug aus: https://cdn.mises.org/12_1_3_0.pdf